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LAMPENFIEBER

 

INHALT

  • Lampenfieber ist pure Energie
  • Übung 1: Gedankliche Umwandlung
  • Übung 2: Energie-Geschenk-Atmung
  • Energie ins Fließen bringen
  • Übung 3: Unruhige Energie harmonisieren
  • Übung 4: Erden
  • Übung 5: Visualisierung
  • Jede/r ist einmalig
  • Zusammenfassung

 

„Es ist nicht erforderlich,

Musik zu verstehen

Man braucht sie nur zu genießen.

Leopold Stokowski

 

 

Wenn es nur so einfach wäre! Wer vor Publikum spielen will, neigt schon mal dazu, vor lauter Noten das Genießen des eigenen Musizierens zu vergessen: „Hoffentlich geht alles gut!“

Oder im Körper macht sich vor dem Auftritt ein komisches Gefühl breit, als müsse man von einem Zwölf-Meter-Brett ins Wasser springen. Die einen werden unruhig und zappelig. Die anderen erstarren geradezu, obwohl sie sonst eher lebhaft sind.

 

Iris, 15 Jahre, im Preisträger-Konzert ‚Jugend musiziert‘ 2018Iris, 15 Jahre, im Preisträger-Konzert ‚Jugend musiziert‘ 2018

Leider haben mich meine Lehrkräfte in dieser Hinsicht nicht gut beraten: „Wenn du geübt hast, kann nichts passieren.“ Abgesehen davon, dass ich als Schülerin trotzdem nervös war, stimmt die Aussage einfach nicht. Gutes Üben schützt nicht automatisch vor feuchten Fingern, Wackelknien und Zittern. Im Gegenteil: Manchmal ist man gelassener, wenn man mit Fehlern an bestimmten Stellen rechnet. Weil man dann schon weiß, dass nicht alles perfekt werden kann. Auch erfahrene Musiker spielen falsche Noten während ihrer Auftritte. Aber erstens merkt das keiner und zweitens ist das nicht das Wichtigste! Das Wichtigste ist, dem Publikum die Musik nahezubringen. Erfahrene Musiker erinnern sich häufig nicht einmal mehr an ihre ersten Auftritte. Denn wer regelmäßig vor Publikum spielt, sieht ein Vorspiel schlicht als Teil seiner Aufgabe, ohne Angst, sich bloßzustellen. Selbst, wenn mal ein Tag nicht so gut läuft. Aber was macht man als Schüler/in?

Lampenfieber ist pure Energie

Ein Tipp ist, erst mal positiv zu denken: Lampenfieber ist reine Energie. Jede Energie kann umgewandelt werden. Das sagt auch der Energie-Erhaltungssatz. Statt Lampenfieber loswerden zu wollen, kannst du es als Chance sehen: Es macht wach, es macht energiegeladen und achtsam. Manche behaupten sogar, Lampenfieber sei wichtig, damit der Auftritt gelingt. Es ist wie Feuer, ohne das keine Wärme entstehen würde.

Außerdem wichtig: Die Zuhörer/innen nehmen deine Aufregung von außen nicht wahr. Also kannst du die hohe Energie beim Vorspiel für das Publikum umsetzen. Aber wie?

 

Übung 1: Gedankliche Umwandlung – Musik ist ein Geschenk für alle

Einfacher als gedacht: Stelle dir beim Spielen im Konzert vor, du schenkst allen Menschen Energie. Während du für sie spielst, schenkst du den Zuhörenden deine Töne, also die Musik. Du spielst jetzt tatsächlich für dein Publikum. Und du darfst dich freuen, dass die Menschen gekommen sind, weil sie deine Musik hören wollen. Sie freuen sich nämlich auf dich und darauf, ihre Arbeit und ihren Alltag zu vergessen. Zuhören zu können, erlaubt ihnen, vielleicht sogar die Augen zu schließen und die Musik zu genießen.

 

Übung 2: Energie-Geschenk-Atmung

Wir leben alle im selben Universum. Wir sind miteinander verbunden. Salopper ausgedrückt: Zuhörende sind Menschen wie du und ich. Wir können also jederzeit zur Freude der Menschen musizieren. Das kannst du schon zu Hause vor deinem Auftritt üben:

  • Setze dich ruhig auf einen Stuhl und lege alle Fingerspitzen aufeinander. Atme bewusst fünf Atemzüge ein und tief wieder aus. Das macht dich wacher und ruhiger zugleich.
  • Stell dir vor, du nimmst beim Einatmen funkelnde Energie aus dem Kosmos auf. Stell dir einfach weißes oder goldenes Licht vor.
  • Beim Ausatmen denke an den Raum, in dem du spielen wirst und an dein Publikum. Stell dir die Menschen vor, wie sie da sitzen. Wie sie lächeln oder aufmerksam lauschen.
  • Stell dir vor, dein Inneres füllt sich beim Einatmen mit leuchtender Energie.
  • Mit dem Ausatmen gibst du die Energie an den Raum und das Publikum weiter. Das geht auch und sogar mit Lampenfieber.
  • Lächle eine Minute lang, indem du die Mundwinkel hochziehst. Auch wenn es dir unecht vorkommt, probiere es aus. Schau aber auf die Uhr, es müssen wirklich mindestens 60 Sekunden sein. Du wirst erleben, dass es wirkt.

 

Energie ins Fließen bringen

  • Wenn du nervös und ängstlich bist, nützt es dir außerdem, deinen Körper ein paarmal zu strecken. So wird er durchlässig für den Energie-Fluss.
  • Wenn du innerlich und äußerlich erstarrst, dann hilft es, dich zu lockern oder entspannt zu sitzen und bewusst tief ein- und auszuatmen. Ob du bei Lampenfieber eher nervös wirst oder eher erstarrst, hängt auch mit deinem Atemtyp zusammen. Hier findest du genauere Information.
  • Du kannst spazieren gehen.
  • Oder massiere deine Hände.
  • Forme deinen Mund beim Einatmen ein paarmal so, als würdest du eine Spaghetti-Nudel einsaugen.
  • Vielleicht hilft es dir auch, die Augenbrauen ein paar Mal hochzuziehen, die Lippen zu spannen und zu befeuchten.
  • Beobachte dich beim Üben, wenn es gerade besonders gut läuft: Wie ist deine Körperhaltung, wie deine Kopfhaltung, wie hältst du Hände und Finger, wie atmest du, wie formst du den Mund? Auch hier ist der Atemtyp wichtig, damit du mit Leichtigkeit musizieren kannst.

 

Übung 3: Unruhige Energie harmonisieren

Um wach und gelassen zugleich zu werden, nützt die „Wechselatmung“. Sie wirkt garantiert ausgleichend. Übe sie am besten regelmäßig (täglich):

Beruhigt und macht wachBeruhigt und macht wach

  • Balle mit der rechten Hand eine lockere Faust und strecke dann Daumen, Ringfinger und kleinen Finger, so gut es geht, aus.
  • Atme aus.
  • Halte das rechte Nasenloch mit dem rechten Daumen zu und atme 4 Sekunden links ein.
  • Schließe das linke Nasenloch mit dem Ringfinger und
  • Halte beide Nasenflügel kurz zu.
  • Öffne den rechten Daumen und atme rechts 8 Sekunden aus.
  • Atme 4 Sekunden rechts ein, schließe kurz beide Nasenlöcher,
  • anschließend atme 8 Sekunden links aus.

 Wiederhole die Übung mindestens dreimal. Du kannst gerne auch 10 Minuten üben. Merkst du die Wirkung?

 

Übung 4: Erden

  • Stelle dich barfuß oder mit Socken bequem in einen aufrechten Stand und atme ruhig zwei- bis dreimal ein und aus. Beginne dann, die Fußsohlen einzeln am Boden zu reiben, bis sie warm werden. Du kannst, sofern niemand unter dir wohnt, auch mit den Füßen stampfen und danach bewusst deine Füße und den Boden spüren. Stelle dir Wurzeln vor, die tief in die Erde reichen.


Übung 5: Visualisierung – Zu den Hörenden sprechen

  • Du weißt, dein Publikum kennt das Stück, das du spielst, nicht. Oder nicht gut. Dann stell dir jetzt ein Kind vor, das diese Musik um ersten Mal hört. Versuche, ihm eine Geschichte durch dein Spiel erzählen. Spiele so deutlich, dass es hört, was gemeint ist. Erkläre nicht mit Worten, sondern indem du es spielst. Versuche, die Noten auf dem Papier lebendig zu machen. Spiele Phrasen sehr deutlich. Spiele die Melodie wie eine Sprache. Mal wird sie lauter, mal leiser. Mal sind die Melodiebögen gebunden (Legato), mal einzelne Töne sauber getrennt (Staccato). So ist die Musik schöner und leichter zu fühlen. Führe deine Hörer/innen durch die Musik: Die Hörenden sollen innerlich mit deinem Spiel mitgehen können.  Zeige ihnen etwas Schönes, etwas Spannendes, etwas Lustiges, etwas Nachdenkliches, je nachdem. So drückst du den Sinn der Musik aus, vermittelst die Botschaft.

 

Jede/r ist einmalig

  • Sicher ist: Niemand spielt wie deine Lieblingsflötistin oder wie Lang Lang. Dafür spielt auch niemand wie du. Jeder Mensch ist einmalig. Jeder Vortragende erlebt eine Situation und das Publikum ein wenig anders. Anders als du. Du erzählst dieselbe Geschichte anders als ich. Das ist das Besondere für die Zuhörenden. Auch wenn sie ein Stück bereits kennen: Nur du spielst es genau wie du.

 

Zusammenfassung

  • Vor dem Auftritt stelle dir die Zuhörenden vor. Schließe die Augen und atme Energie aus dem Universum ein. Von deinem Herzen aus sende Energie zum gedachten Publikum oder allgemein in den Raum. Dadurch lädst du die Menschen und den Raum, in dem sie sich befinden, mit Energie auf.
  • Das Publikum wird die Energie spüren. Freue dich auf euer gemeinsames Erleben (ob deine Knie dabei zittern oder nicht).
  • Vielleicht wird das, was du spielst, nicht allen gleichermaßen gefallen. Das muss es auch nicht. Denn du magst doch auch nicht alles oder jeden Interpreten? Auch du hast bestimmt deine Lieblinge.
  • Lampenfieber kommt und geht, mal ist es stärker, mal schwächer. Nach dem Auftritt ist es vorbei. Wenn es ganz schlimm wird, stelle dir vor, was du danach machst: Vielleicht eine Freundin, einen Freund, oder Verwandte treffen, gemeinsam essen?

Ich wünsche dir viel gute Energie und Freude beim Spiel für dein Publikum!

 

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